Hugenotten [französisch entstellt aus »Eidgenossen«], seit etwa 1560 Bezeichnung für die französischen kalvinistischen Protestanten. Geschichte: 1560 bis 1685: Beginnend in der Mitte des 16. Jahrhunderts, gewann der Kalvinismus (Calvin) in Frankreich (besonders auch unter dem hohen Adel) immer mehr Anhänger; 1559 hielten die reformierten Gemeinden Frankreichs ihre erste Generalsynode in Paris ab. Das Januaredikt von 1562 gewährte den Hugenotten freie Religionsausübung außerhalb der Städte. An ihre Spitze traten Admiral G. de Coligny und Louis I. Prinz von Condé. Die katholische Partei sammelte sich unter der Führung der Guise. Mit dem Blutbad von Wassy (Haute-Marne) am 1. 3. 1562 begannen die Hugenottenkriege. Trotz Niederlagen behaupteten die Hugenotten aber eine politische Sonderstellung, da ihnen in den Edikten von Amboise (1563) und Saint-Germain-en-Laye (1570) im Grundsatz die Freiheit der Religionsausübung und eine Reihe von Sicherheitsplätzen (u. a. La Rochelle) zugestanden wurden; auch gelang es Coligny, Einfluss auf den jungen König Karl IX. zu gewinnen. Der angestrebte Ausgleich wurde durch das Massaker der Bartholomäusnacht von 1572, dem auch Coligny zum Opfer fiel, unmöglich gemacht. Als Führer der Hugenotten folgte ihm Heinrich von Navarra. Seine Gegner waren die Königinmutter Katharina von Medici und – nach dem Tod Karls IX. (1574) – König Heinrich III., v. a. aber die katholische Liga unter der Führung Heinrichs von Guise. Die weiteren Kriege brachten keine Entscheidung. 1585 widerrief der König alle Rechte der Hugenotten und löste damit den 8. Hugenottenkrieg aus. Um sich dem Druck der Liga zu entziehen, ließ Heinrich III. 1588 ihre Führer ermorden und verbündete sich mit Heinrich von Navarra, der nach der Ermordung dieses letzten Valois (1589) als Heinrich IV. König von Frankreich wurde. Um die nationale Einheit und die Integrität Frankreichs zu wahren, trat er 1593 zum Katholizismus über und erließ 1598 das Edikt von Nantes, das den Hugenotten freie Religionsausübung und politische Sonderrechte garantierte. Als die Hugenotten sich in den Kriegen von 1621/22 und 1625–29 erneut der Krone entgegenstellten, verloren sie durch Richelieu alle politischen Sonderrechte und Sicherheitsplätze, wurden allerdings religiös weiter geduldet.

De facto beendet wurde diese Duldung mit der offiziellen Aufhebung des Edikts von Nantes durch Ludwig XIV. (Edikt von Fontainebleau, 1685), das die Freiheit der Religionsausübung so stark beschränkte, dass sich mehr als 200 000 Hugenotten gezwungen sahen, Frankreich zu verlassen. Ende des 17. und 18. Jahrhundert: Ihre Auswanderung (Refugiés) war eine der Ursachen des wirtschaftlichen Niedergangs Frankreichs Ende des 17. Jahrhunderts. Gegen die Restgemeinde in Frankreich wurde 1702–04 der Cevennenkrieg geführt (Kamisarden). Eine Anzahl Reformierter behauptete sich aber als »Kirche der Wüste« (»Église du désert«), bis ihnen 1787 die staatliche Duldung gewährt wurde. Die volle Gleichberechtigung erhielten sie nach der Französischen Revolution durch den Code Napoléon (1804). In den Aufnahmeländern waren die Hugenotten besonders für die wirtschaftliche Entwicklung von Bedeutung. In Deutschland entstanden Hugenottensiedlungen v. a. in den reformierten Gebieten (z. B. in den hohenzollernschen Territorien Frankens, in Braunschweig-Lüneburg, in den hessischen Landgrafschaften und den lippischen Territorien). Eine besondere Bedeutung erlangten die Hugenotten in Brandenburg-Preußen, wo der Große Kurfürst ihre Aufnahme durch das Edikt von Potsdam (1685; Potsdam) förderte. Als loyale Untertanen stiegen Hugenotten in der Folge in der Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft sowie als Offiziere in bedeutende Positionen auf. In Berlin war um 1700 jeder dritte Einwohner ein Hugenotte.

Sekundärliteratur: J. Chambon: Der französische Protestantismus. Sein Weg bis zur Französischen Revolution (Neuausgabe 2004); E. Gresch: Die Hugenotten. Geschichte, Glaube u. Wirkung (22005); Zuwanderungsland Deutschland. Die Hugenotten, hg. v. S. Beneke u. H. Ottomeyer, Ausstellungskatalog (2005).

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