Straubinger, 1.11.2004

Asthma - häufigste chronische Erkrankung

Bei richtiger Behandlung können die meisten Asthmatiker

ein normales Leben führen

Bei Lennart aus Oldenburg brach die Krankheit im Alter von einem Jahr aus: Auf eine mehrwöchige Bronchitis mit starkem Husten im Herbst folgten plötzlich Atemnot und die Einlieferung ins Krankenhaus. Die Diagnose: Lungenentzündung und Asthma bronchiale. Lennart, heute neun Jahre alt, ist einer von zahlreichen Patienten in Deutschland, die an Asthma - griechisch für Atemnot - leiden.

Asthma ist die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter", erklärt Andrea Wallrafen, Geschäftsführerin beim Deutschen Allergie und Asthmabund (DAAB) in Mönchengladbach. Fünf bis acht Millionen Menschen in Deutschland leiden an dieser Entzündung und Überempfindlichkeit der Bronchien. "Von den Schulkindern sind 12 bis 15 Prozent betroffen", so die Expertin. Während bei den Patienten im Kindesalter die Jungen in der Überzahl sind, stellen bei den Erwachsenen die Frauen die Mehrheit.

Asthma kann ganz unterschiedliche Ursachen haben: Rund ein Fünftel aller Anfälle wird durch äußere Reize wie Pollen, Hausstaub, Schimmel oder Tierhaare ausgelöst. Bestimmte Medikamente können ebenfalls die Beschwerden verursachen. Auch Tabakrauch, Abgase, Staub, seelischer Stress oder Infekte der Atemwege, wie sie jetzt im Herbst gehäuft vorkommen, sind Risikofaktoren. Andere Patienten bekommen bei körperlicher Überanstrengung die Attacken.

Bei einem Anfall schwillt die ohnehin schon entzündlich gereizte Bronchialschleimhaut an. Zäher Schleim verengt die Atemwege; die Muskulatur der Bronchien zieht sich krampfartig zusammen. Das Atmen wird erschwert und die Lunge schlecht mit Sauerstoff versorgt. Typische Kenneichen eines beginnenden Anfalls sind Husten und ein Pfeifen beim atmen. Die Patienten können in Panik geraten, weil sie das Gefühl haben, zu ersticken - was die Atemnot noch verschlimmert.

Nach Schätzungen der Globalen Initiative für Asthma (GINA) in London, der unter anderem Lungenspezialisten und die Weltgesundheitsorganisation angehören, sind weltweit etwa 300 Millionen Menschen betroffen. Die Krankheit, die unbehandelt Herz und Lunge schädigen kann, breite sich in den industrialisierten Ländern stark aus, so die Experten. Auch in Ostdeutschland ist die Zahl der Fälle seit der Wiedervereinigung gestiegen und hat mittlerweile Westniveau erreicht.

Bis zum Jahr 2025 rechnen die Exerten der GINA mit weltweit 100 Millionen zusätzlichen Erkrankungen. Die Gründe für die Zunahme vermuten Forscher in genetischen Faktoren; Allergien und Umweltbelastungen. So kommt Asthma auf dem Lande seltener vor als in Städten.

Mittlerweile stehen den Patienten diverse Medikamente zur Verfügung, die ein fast normales Leben ermöglichen. Inhalierbares Kortison kann die Entzündung und allergische Reaktionen bremsen. Bronchien erweiternde Mittel zum Einatmen (Beta-2-Sympathomimetika) entspannen die Atemwegsmuskulatur. Weitere Arzneien sind auf dem Markt, neue Medikamente in der Erprobung. Oft müssen Patienten verschiedene Präparate nehmen. Atemgymnastische Übungen können die Therapie unterstützen. Auch das Verhalten der Kranken ist wichtig.

So muss ein Patient mit allergischem Asthma die Stoffe meiden, auf die sein Körper so stark reagiert.

Nach Angaben des DAAB sterben in Deutschland 4000 bis 5000 Menschen pro Jahr an dem Leiden. Oft werde der Krankheitsgrad unterschätzt oder Notfallmedikamente standen nicht zur Verfügung, sagt Wallrafen. "Viele Todesfälle wären vermeidbar." Schlimmer sieht es in anderen Ländern aus. "In vielen Regionen der Welt haben die Patienten keinen Zugang zu Medikamenten oder einer ärztlichen Versorgung", erläutert Prof. Richard Beasley aus Neuseeland in einem Report für GINA.

Die meisten Asthmatiker können bei richtiger Therapie ein Leben ohne größere Einschränkungen führen. Außerdem sollten sie Sport treiben, um die Lunge zu trainieren. "Besonders gut geeignet sind Schwimmen, Wandern oder Fahrrad fahren", sagt Wallrafen. Selbst unter Spitzensportlern gibt es Asthmatiker, etwa Schwimmlegende Mark Spitz oder der ehemalige Basketballstar Dennis Rodman. "In den USA gehen Prominente sehr offen mit Asthma um." Mehr Aufklärung wäre auch in Deutschland wünschenswert. Vor allem Kinder sollten sich nicht durch diese Krankheit ins Abseits gedrängt fühlen.

So überraschend wie der erste Anfall auftaucht, so gibt es durchaus auch Fälle, in denen das Asthma im Laufe der Jahre wieder verschwindet. Die Chancen, dass die Krankheit besiegt wird, steigt dabei mit einer frühen Diagnose und Behandlung.Lennart bekommt täglich zwei Arzneien zum Inhalieren: Kortison und ein Medikament, das die Bronchien erweitert. "Er hat nur noch selten Beeinträchtigungen", sagt seine Mutter Anja. Er nehme sogar an Leichtathletik-Wettkämpfen im Sportverein teil. Zweimal pro Jahr überprüft ein Arzt die Lungenfunktion des Neunjährigen. Möglicherweise ist auch das irgendwann nicht mehr nötig. (gms)

Asthma-Spray wird oft falsch angewendet

Häufig wird Asthma-Spray von Kindern falsch angewendet. Zum Beispiel werde oft vergessen, vor dem Inhalieren auszuatmen und die Luft anzuhalten. Einige Kinder ließen sogar die Verschlussklappe auf dem Dosiergerät. Vergessen werde auch, dass manche Aerosole vor Gebrauch geschüttelt werden müssen. Das geht aus einer Untersuchung in den Niederlanden hervor, wie die "Ärztliche Praxis" berichtet. Ältere Kinder und Jugendliche machten mehr Fehler als jüngere. (Foto: gms)

Eiweißmolekül hemmt die Schleimbildung

Ein bestimmtes Eiweißmolekül hemmt offensichtlich die Schleimbildung bei Asthma. Von dieser neuen Erkenntnis könnten auch Patienten mit chronischer Bronchitis oder einer zystischen Fibrose profitieren, berichteten Biologen der Universität North Carolina im Fachmagazin "Nature Medicine".

Die Wissenschaftler hatten das Eiweißmolekül mit dem Namen MARCKS Mäusen verabreicht. 15 Minuten später wurde dann bei den Tieren ein Asthmaanfall künstlich ausgelöst. Die eigentlich erwartete starke asthmabedingte Schleimbildung in den Atemwegen hatte das Eiweiß aber verhindert. Die Wissenschaftler hoffen, dass der neue Wirkstoff die Standardtherapie bei Asthma ergänzen kann. (AP)

Therapieansatz gegen allergisches Asthma

Ein neuer Therapieansatz gegen allergisches Asthma soll das Problem künftig tief an der Wurzel packen. Mediziner der Berliner Charite haben eine Möglichkeit entwickelt, die Entzündungsreaktion in der Lunge schon im Frühstadium zu unterbinden. Die Erkrankung beruht auf einer fehlgeleiteten Reaktion des Immunsystems gegen normalerweise harmlose Stoffe der Umwelt wie Blütenpollen, Tierhaare oder Erdnüsse. Der Kontakt mit diesen Allergie auslösenden Stoffen führt zu einer irrtümlichen Reaktion der T-Zellen der Körperabwehr, die eine Entzündungsreaktion verursacht, wodurch sich die kleinen und mittleren Atemwege verengen.Dieser Entzündungsprozess wird durch T-Zellen eingeleitet und aufrecht erhalten, die das Molekül ICOS tragen. Die Mediziner der Charite wollen nun mit so genannten monoklonalen Antikörpern gegen ICOS genau diejenigen T-Zellen in der Lunge ausschalten, die die allergische Atemwegsentzündung verursachen. (AP)Gesundheit und Medizin, Redaktion:Verena Schmidbauer, schmidbauer.v@straubinger-tagblatt.de

Putzfrauen haben ein höheres Asthmarisiko

Eine der Ursachen sind vermutlich Latexallergene Putzfrauen haben ein deutlich erhöhtes Asthmarisiko. Rund 12 Prozent der Reinigungskräfte leiden unter solchen Atemwegserkrankungen, wie eine spanische Studie ergab. Bei Frauen aus anderen Berufszweigen liegt die Asthmarate dagegen nur bei fünf Prozent. Be- sonders hoch ist das Erkrankungsrisiko bei Putzfrauen, die in Krankenhäusern oder bei Ärzten sauber machten. Verantwortlich seien dafür vermutlich Latexallergene oder Desinfektionsmittel. Putzkräfte in Hotels, Labors und Küchen seien etwas weniger gefährdet. Überhaupt nicht erhöht sei das Asthmarisiko von Frauen, die ausschließlich Büros reinigen. (AP)�

Siehe zu der Gesamt-Problematik die weiteren Dateien unter www.rki-i.com (Publikationen, Materialien-Buch und Vorträge)

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