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Sent: Sunday, July 18, 2010 12:00 PM
Subject: zdf.de: Der Denkfehler in der Schuldebatte

zdf.Mail
Sonntag 18.07.2010 [10.55 Uhr]MEZ
Ihnen wurde ein Artikel aus der heute.de-Redaktion von
kiehl@rki-i.com geschickt.


Der Denkfehler in der Schuldebatte
Bildungsstreit vermischt Gerechtigkeit und Leistung (...mit Höhe an finanziellen Mitteln...rki.)
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/10/0,3672,8089962,00.html


Kaum ein Bundesland, das derzeit nicht an seinem Bildungssystem
herumdoktert. Und kaum ein Land, in dem die Bildungsreform nicht zu Streit
führt - da ist Hamburg keine Ausnahme. Doch es gibt einen großen Denkfehler
in der Debatte um deutsche Schulen.


Wenn man den Kritikern des deutschen Schulsystems glaubt, macht Hamburg
alles richtig. Egal ob UNO, OECD oder nationaler Bildungsbericht, das Fazit
lautet: In Deutschland gibt es zu wenig Chancengleichheit, weil die Kinder
zu früh aufgeteilt werden.

Im Umkehrschluss heißt das: Das Schulsystem wird durch längeres gemeinsames
Lernen und weniger Gliederung gerechter. In Hamburg sollen ab dem Schuljahr
2010/11 die Schüler in der sechsjährigen Grundschule länger gemeinsam
lernen. Das Schulsystem soll zweigliedrig werden.

Mehr Grundschule - keine Hauptschule
Bei allem Klein-Klein im föderalen Bildungssystem - längeres gemeinsames
Lernen und die Abschaffung der Hauptschule liegen im Trend. In Berlin und
Brandenburg gibt es bereits die sechsjährige Grundschulzeit. Das Saarland
will ab 2011/12 die Primarstufe auf fünf Jahre verlängern. In
Mecklenburg-Vorpommern gibt es eine schulartunabhängige Orientierungsstufe.

Das zweigliedrige Schulsystem ist in Deutschland eher die Regel als die
Ausnahme. In sieben Bundesländern gibt es keine Hauptschule mehr.
Schleswig-Holstein und Berlin wollen sie zum Schuljahr 2010 abschaffen. In
Bremen soll es 2011 so weit sein.

Was die Eltern wollen
Doch es regt sich Widerspruch. Vor allem, wenn Eltern die Chance ihrer
Kinder gefährdet sehen, das Gymnasium zu besuchen - und zwar möglichst
lange und möglichst intensiv. Da ist der Hamburger Protest gegen die sechs
Grundschuljahre und die Abschaffung des Elternwahlrechts typisch.

In Berlin reißen sich die Eltern darum, ihre Kinder auf die grundständigen
Gymnasien zu schicken, wo der Unterricht nach der vierten und nicht erst
nach der sechsten Klasse beginnt. In Niedersachsen richtet sich der Protest
gegen die Einschränkung des Elternwahlrechts. Im Saarland wenden sich
Eltern von Gymnasiasten gegen die verlängerte Grundschule. In NRW, wo
Rot-Grün teilweise auf Gemeinschaftsschulen umstellen will, fürchten Eltern
die "Amputation der Gymnasien".

Was Bildungsvergleiche zeigen
Die Eltern wenden sich also gegen den Systemumbau. Und auf den ersten Blick
geben ihnen die Bildungsvergleiche recht. Dort schneiden Bayern und
Baden-Württemberg gut ab - also die Länder, die sich gegen einen
Systemumbau stellen. So führen beim aktuellen Ranking des "Instituts zur
Qualitätsentwicklung im Bildungswesen" Bayern und Baden-Württemberg in
Orthographie, Hörverständnis und Englisch. Im Pisa-Vergleich von 2008
liegen die südlichen Bundesländer weit vorn.

Doch zeigt Pisa auch: Einen eindeutigen Zusammenhang zwischen System und
Leistung gibt es nicht. Sachsen liegt vor Bayern und Thüringen vor
Baden-Württemberg. In beiden Ländern gibt es ein zweigliedriges System.
Ähnliche Ergebnisse gibt es beim deutschen Schulvergleich. Beim Lesen etwa
liegt Sachsen vor Baden-Württemberg. In Englisch belegt Rheinland-Pfalz
Platz drei.

Der Denkfehler
Der große Denkfehler in der Debatte: Schulsystem und Schulqualität werden
vermischt. Wir bauen unser Schulsystem um - so die Botschaft
Landesbildungspolitiker - dadurch werden die Schüler besser. Die bauen
unser Schulsystem um - so fürchten die Eltern - dadurch werden die Schüler
schlechter. Tatsächlich kann mit dem Schulsystemumbau aber vor allem eines
erreicht werden: Das Schulsystem kann gerechter oder ungerechter werden.

Ob die Schulqualität und damit die Leistung der Kinder besser oder
schlechter wird, liegt an ganz anderen Faktoren - so zeigen es zumindest
die Bildungsvergleiche. Zentral ist etwa die Ausbildung der Lehrer (...und vor allem der Eltern! rki.). Das hat
die Studie des "Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen" vor
Augen geführt: In Ostdeutschland, wo etwa ein Drittel der Englisch-Lehrer
die Sprache nicht studiert hat, schnitten die Schüler auch deutlich
schlechter ab als in Westdeutschland.

Auch die Struktur der Lehrpläne ist entscheidend: Schüler müssen u.a. lernen,
selbständig zu denken (...und das hat nicht viel mit den Lehrplänen zu tun! rki.).
Wer das kann, schneidet bei den Aufgaben der
Bildungstests gut ab. Nicht zuletzt ist es wichtig, dass Lehrer ihre
Schüler fordern, fördern und motivieren. Es geht also nicht nur um
öffentlichkeitswirksamen Systemumbau, sondern um pädagogische Konzepte und
um die Frage, wieviel Geld Deutschland bereit ist, in seine Schulen zu
investieren (: ...das hat überhaupt nichts mit Geld zu tun...weniger ist manchmal mehr! rki.).





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