Financial Times Deutschland, 16.Febr2006
Milliarden gegen den Energiefraß
Regierung gibt Anreize für ökologische Gebäudesanierungen - Staatsbank KfW stellt frische Fördermittel zur Verfügung
VON HANS PFEIFER

So beweglich kann Haushaltspolitik sein: Im Vorgriff auf das 25-Milliarden-Wachstums- und Beschäftigungspaket und ohne die Freigabe von geplanten 1,4 Mrd. E für das Gebäudesanierungsprogramm abzuwarten sowie durch Ausschüttung von 200 Mio. E an "Restmitteln" hat die Bundesregierung Anfang Februar das Rennen um die Fördermittel der KfW-Bankengruppe eröffnet. Doch damit nicht genug: Die Förderkonditionen in den Programmen "CO2-Gebäudesanierung", "Wohnraum modernisieren" und "Ökologisch bauen" sind attraktiver und übersichtlicher geworden.

Für private und gewerbliche Gebäudeeigentümer, die in den Genuss von jährlich 1,5 Mrd. E KfW-Fördermitteln kommen sollen, zählt vor allem der Anreiz für Investitionen, die langfristig viel Geld sparen helfen. Nach Angaben des Deutschen Mieterbundes betragen die Kosten für Heizung und Warmwasser für eine durchschnittlich große Wohnung von 85 Quadratmetern mehr als 70 E pro Monat, mit deutlich steigender Tendenz.

Doch solche Werte sagen wenig aus. Denn die Unterschiede im Gebäudebestand sind gewaltig. So verschlingt ein durchschnittlicher Altbau 20 Liter Heizöl pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr, ein nach der Energieeinsparverordnung 2002 errichteter Neubau hingegen nur rund sieben Liter.

Über die Begeisterung für die neuen Fördermittel ist die Diskussion um die Einführung des Gebäudeenergiepasses etwas in den Hintergrund geraten. Eigentlich wäre die Bundesregierung schon zum 4.Januar 2006 verpflichtet gewesen, die "Europäische Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden" in nationales Recht umzusetzen. Wegen des Regierungswechsels blieb die Neufassung der Energieeinsparverordnung (ENEV) allerdings liegen. Jetzt ist der Referentenentwurf auf dem Weg, der Gebäudeenergiepass soll noch 2006 kommen.

Betroffen sind in erster Linie Vermieter und Hausbesitzer. Sie sollen bei Neuvermietungen beziehungsweise Wohnungs- oder Hausverkäufen einen Energiepass vorlegen, der den spezifischen Verbrauch des Gebäudes dokumentiert. Nutznießer sind in erster Linie Mieter und Immobilienkäufer. Ähnlich wie beim Kauf einer Waschmaschine oder eines Kühlschranks könnten Wohngebäude Energieeffizienzklassen zwischen A (sehr energiesparend/ neubautypisch) und I (energetisch schlecht/altbautypisch) zugeordnet werden. So sieht es der Vorschlag der Deutschen Energie-Agentur (Dena) vor, die den Gebäudepass in einem Feldversuch erfolgreich getestet hat.

Doch dieser Vorschlag ist umstritten. Denn die Dena hat für ihren Energiepass ausschließlich das "bedarfswertbasierte" Verfahren zu Grunde gelegt. Dabei ermitteln Sachverständige auf Grund der bau- und materialtechnischen Gegebenheiten den Heizwärmebedarf des Gebäudes. Das kostet die Vermieter und Eigentümer eine Menge Geld - zwischen 200 und 500 E je Mehrfamilienhaus, sagt die Dena, zwischen 550 und gut 1000 E, kontern die Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft.

Die Lobbyverbände der privaten und gewerblichen Hauseigentümer kritisieren, dass die Dena nicht auch den von der EU-Richtlinie ebenfalls tolerierten "verbrauchskennwertbasierten" Ansatz berücksichtigt habe. Dabei wird der Energieverbrauch der Bewohner dokumentiert. Das sei wesentlich einfacher, aussagefähiger und mit 15 bis 20 E zudem deutlich billiger.

Denn der Ernstfall kann teuer werden. So sieht der Dena-Entwurf auch vor, dass Hauseigentümer mit dem Pass energetische Sanierungsempfehlungen erhalten. "Der Euergieausweis ist in keiner Weise geeignet, Investitionsentscheidungen zu begründen", kontert Lutz Freitag, Präsident des GdW Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Baustaatssekretärin Karin Roth hat beim Energiepass einen Kompromiss und Übergangslösungen angekündigt.

Ganz gleich, wie der Energiepass aussehen wird: Der wahre Anreiz zum Energiesparen liegt im Fördergeld von der KfW.

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