Straubinger, 11.Jan2005

TEURE ENERGIE

VON GERD PROBST

Es gehört zu den Zukunftsszenarien fast aller Energie-Prognosen, dass sich der Ölpreis irgendwann wieder "normalisiert". Doch das erscheint immer unwahrscheinlicher. Zwei Schritte vor, einen zurück, nach diesem Muster erklimmt das Öl immer neue Preishöhen. Im Gefolge hat in den USA die erneute Ausbeutung stillgelegter Ölfelder begonnen. Die Rechnung ihrer Betreiber und Anleger wird aufgehen, denn die Nachfrage steigt unaufhörlich; allein China hat seine Importe 2004 um 400 Prozent gesteigert.

Doch China saugt wie ein Staubsauger auch leer. Der Kohlepreis steigt sogar schneller als der für Öl und Erdgas und könnte noch an Tempo zulegen, denn Chinas eigene Kohlevorräte gehen langsam zur Neige. Im laufenden Jahr wird das Land wohl erstmals vom Exporteur zum Importeur von Kohle werden. Die Erwartungen des deutschen Bergbaus von einer Wende in der nationalen Kohlepolitik werden deshalb mit jedem Dollar Verteuerung auf den internationalen Märkten realistischer. Und gegen die alten Umweltbedenken kann sie die heute weltweit modernste Technologie bei Förderung und Verstromung ins Feld führen.

Vor dieser Kulisse schrumpft die Bedeutung der Zahlen der deutschen Solarwirtschaft über ihre Rolle als Weltmarktführer und die über das Wachstum der Offshore-Windenergie. Die Entwicklung der Erneuerbaren Energien (EE) bleibt natürlich eine politische Zukunftsaufgabe, aber sie darf mit dem Blick durch die ideologische Brille nicht zu einer Gefährdung einer sicheren Energieversorgung führen. Bis 2020 so viel Strom aus EE-Anlagen zu konkurrenzfähigen Preisen gewinnen zu wollen wie aus dem Einsatz von Erdgas, so die offizielle Berliner Position, ist - mit Verlaub - Spinnerei. Deutschland ist noch immer ein Industrieland.

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