Bayerwald-Echo, 2.Juli 2005

Kreistag gibt grünes Licht für die Kreiskliniken-GmbH
Kein Verkauf, aber ein privates Management mit allen Freiheiten
VON JOHANNES SCHIEDERMEIER

CHAM. Die 60 Kreisräte haben entschieden - mit drei Gegenstimmen der beiden Grünen und eines Republikaners. Die Krankenhäuser werden in Form einer gemeinnützigen Kreiskliniken-GmbH betrieben. Sie werden nicht verkauft, erhalten aber ein privates Management, dem die Politik alle Freiheiten zusichert. "Alle bis auf eine Schließung", wie Landrat Theo Zellner einschränkte.

Der Kreistag tagte am Freitag durchgehend von 9 bis 15 Uhr. Nach dieser eingehenden Debatte habe man sich entschlossen, die Angebote nicht anzunehmen, so Landrat Theo Zellner. Noch nie seien die strukturellen und finanziellen Defizite so schonungslos auf den Tisch gekommen wie im letzten Jahr.

Die wichtigste Erkenntnis sei, dass der Landkreis seine Häuser nicht verkaufen wolle, der Kreistag sich aber politisch als Entscheidungsträger zurückziehen werde. "Wir sind in den notwendigen Prozessen des Strukturwandels bereits bei der Verlegung von überzeugt, dass die drei Häuser zu finanzieren sind. Aber eine Garantie dafür kann niemand geben. Da müssen auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen stimmen."

CSU-Fraktionssprecher Karl Holmeier sprach von einem "denkwürdigen Tag". Es sei Ziel gewesen, eine

 

"Wer sich viel fürcht`,
muss viel zittern!"

Kreisrat Karl Seidis Zwischenruf
anlässlich der Debatte über
finanzielle Unwägbarkeiten

 

Betriebsform zu finden, die drei Häuser trage, wirtschaftlich sei und Arbeitsplätze sichere. Die CSU stimme einer Abgabe der Verantwortung an ein privates Management zu. Eine Trendwende in den Bilanzen bis 2008 sei realistisch. "Das wird aber trotzdem zu einer Erhöhung der Kreisumlage von 1,5 Punkten führen", kündigte Holmeier an. Dem Grünen-Sprecher Weiherer und seiner Bürgerinitiative warf er vor, sich mit Parolen wie "Abfall-Patient" aufs Abstellgleis gestellt und dem Kreistag geschadet zu haben.

SPD-Sprecher Wolfgang Kerscher erklärte, man habe im letzten Jahr dazu gelernt. Auch im politischen Stil. "Die Politik hat bei den Krankenhäusern versagt. Die vehement, aber mit wenig Sachverstand geführten Debatten beweisen das." Es gebe in jeder Betriebsform Risiken und für niemanden eine Bestandgarantie.

In der Strukturdebatte dürfe es kein Tabu geben. Die Angebote der Privaten seien nicht ausreichend gewesen. Der Lohnverzicht des Personals sei mit ausschlaggebend gewesen für die Entscheidung. "Wir müssen das operative Geschäft an Private übergeben und werden unsere Defizite wohl nicht zurück bekommen", so Kerscher.

Volker Heiduk, Sprecher der Freien Wähler, meinte, die GmbH sei schon immer der Rat seiner Fraktion gewesen. Sie sei die richtige Entscheidung für Belegschaft, Patienten und die Wirtschaftlichkeit. Voraussetzung sei die Bereitschaft, sich politisch heraus zu halten. "Wir waren trotz aller Bemühungen nicht in der Lage, uns die nötige medizinische Kompetenz anzueignen."

 

Kommentar
Der erste Schritt
VON JOHANNES SCHIEDERMEIER

Das war er, der erste Schritt. Schmerzhaft wird es erst. Doch die Entscheidung war richtig. Bei den ständig wechselnden Vorgaben auf dem Gesundheitssektor ist es keine Schande für den Kreistag, seine mangelnde Entscheidungs-Kompetenz einzugestehen. Und dass beim Blick auf den Kirchturm die Finanzen aus dem Blick geraten sind, ist auch Tatsache. Jetzt, wo der Karren finanziell im Dreck steht, hat es manchen Kreisrat vielleicht gelockt, das angebotene Geld der Privaten zu nehmen und die Profis machen zu lassen. Man hätte sich dabei vielleicht einiges erspart. Vielleicht sogar auf Dauer das eine oder andere Krankenhaus. Es war richtig, die letzte Verantwortung nicht abzugeben. Es ist ein Signal, so etwas Wertvolles wie ein Krankenhaus nicht zu verkaufen. Für den Bürger bedeutet es mehr als nur die Immobilie und die Arbeitsplätze. Es ist ein Stück Lebensqualität. So etwas verkauft man nicht ohne Not.

Weh tun wird es ohnehin noch. Spätestens, wenn die ersten harten Strukturentscheidungen kommen. Dann erst wird sich zeigen, wie ernst es die Politik wirklich meint mit ihren Rückzugs-Bekenntnissen.

 

Die Meinung der Fraktionssprecher

Karl Holmeier (CSU): "Der Transaktionsprozess war aufwendig, aber auch notwendig. Am Ende haben wir festgestellt, dass eine GmbH funktionieren kann, wenn sie die gleichen Möglichkeiten hat wie ein Privatunternehmen. Eine wichtige Voraussetzung war, dass das Personal bereit war, Lohnverzicht zu üben und länger zu arbeiten. Bis 2008/2009 schwarze Zahlen zu schreiben, muss jetzt das Ziel sein. Gehen wir gemeinsam diesen schwierigen- Weg."

Wolfgang Kerscher (SPD): "Wenn die Krankenhäuser nicht operiert werden, werden sie nicht gesund. Wir sehen zwar auch bei einer GmbH Risiken - höhere Kreisumlage, keine Garantien für die Zukunft, sich ändernde Rahmenbedingungen, keine Bestandsgarantie für drei Häuser - , aber wird sind trotzdem für diese Lösung: Weil die Angebote der Privaten keinen adäquaten Kaufpreis enthielten, weil das Personal uns mit Lohnverzicht und längeren Arbeitszeiten einen unheimlichen Vertrauensvorschuss gewährt hat, weil die GmbH keine Gewinne machen muss und das operative Geschäft einem Fremdmanagement übertragen wird. Zudem begrüßen wir ausdrücklich den neuen Politik-Stil. So wie bei diesem Transaktionsprozess stelle ich mir ein Concedere zum Wohl des Landkreises vor."

Volker Heiduk, Freie Wähler: "Wir haben zuviele Betten, zuviele Häuser und wenn wir uns nicht richtig auf stellen, werden wir zu denen gehören, die aus der Krankenhauslandschaft verschwinden. Nur mit einem gemeinsamen Konzept haben wir eine Zukunft. Es ist die richtige Entscheidung, die Krankenhäuser nicht zu verkaufen, sondern in eine gemeinnützige GmbH umzuwandeln. Entscheidend dazu beigetragen hat das Personal mit seiner Bereitschaft zu Lohnverzicht und längeren Arbeitszeiten, deshalb müssen wir auch bemüht sein, die Arbeitsplätze zu sichern. Dabei muss sich die Politik aber aus dem operativen Geschäft heraus halten und die Entscheidungen Profis überlassen. Wir hätten uns viele Millionen Defizit erspart, wenn man auf unsere Vorschläge schon 2002 gehört hätte."

Gerhard Weiherer (Grüne): "Dass die Krankenhäuser nicht verkauft werden, ist ein Verdienst der Bürgerinitiative. Wir sind aber auch gegen eine GmbH mit Fremdmanagement, weil damit der Kreistag nicht mehr an den grundsätzlichen Weichenstellungen im Krankenhauswesen beteiligt wird, weil diese private Rechtsform der erste Schritt zu einem Verkauf ist und weil künftig keine Rücksicht mehr auf Personal und Patienten genommen wird. " -Wf-

 

Vertrauensbeweis für Klaus Hofbauer
CSU-Delegierte wählen den Wahlkreisabgeordneten erneut
zum Direktkandidaten

CHAM/SCHWANDORF (ef). Zu einem Vertrauensbeweis für den Wahlkreisabgeordneten Klaus Hofbauer(57) ist am Freitagabend die Nominierungsversammlungder CSU in Oberviechtach geworden. Ohne Mitbewerber wurde er mit 119 Stimmen der insgesamt 120 Delegierten aus den Landkreisen Schwandorf und Cham wieder als Direkt-Kandidat nominiert. Er soll damit nach 1998 und 2002 in die dritte Amtsperiode gehen.

Die Mitglieder der beiden CSU-Kreisverbände hätten in den vergangenen Wochen gezeigt, dass sie mit "unbeschreiblicher Geschlossenheit und politischer Schlagkraft" auch in den Wahlkampf gehen wollten. Hofbauer sprach von einer persönlichen "Herausforderung" im Fall einer Wiederwahl. Er werde weiter "die Anliegen Ostbayerns in Berlin einbringen". Dafür nannte er den folgenden Katalog: Verkehrserschließung - Projekte EU-Osterweiterung Nationale und europäische Strukturpolitik auf die speziellen Anliegen Ostbayerns ausrichten Das Wohlstandsgefälle zwischen Bayern und Böhmen durch gezielte Maßnahmen abfedern Sicherheit an der offenen Grenze. Die Bundeswehrstandorte stärken und etwaige Auflösungen durch Ausgleichsmaßnahmen abfedern.

"Wir stehen uneingeschränkt zu Angela Merkel", widmete Hofbauer der Unions-Kanzlerkandidatin eine längeren Rede-Passage. Nach einem Besuch in Pfreimd kenne sie auch die Anliegen Ostbayerns. "Ich bitte weiter um Ihr Vertrauen", fasste Hofbauer zum Schluss vor den Delegierten seine Arbeit der vergangenen sieben Jahre so zusammen: "Ich habe mich bemüht, für die Menschen dieser Region aktiv zu sein und in Berlin für unsere Heimat zu arbeiten." "Klaus Hofbauer ist bei den Bürgern präsent. Er hat unsere volle Unterstützung", bescheinigte ihm die Schwandorfer CSU-Kreisvorsitzende Marianne Deml. Als "gemeinsame Interessen zwischen Schwandorf und Cham stellte sie folgende Punkte heraus: Schnelle Fertigstellung der A 6; Ausbau der B 85; attraktive Schienenanbindung nach München und Prag mit Anschluss an den Münchner Flughafen. "Wir sollten zeigen, dass der Bundeswahlkreis Schwandorf-Cham mit einer Stimme spricht", appellierte der Chamer CSU-Kreisvorsitzende Markus Sackmann an die Delegierten. Hofbauer habe sich "als fleißig und tatkräftig bewährt" und sei "in Berlin als kompetent anerkannt". Sackmanns Wahlkampf-Rezept: "Wir müssen den Menschen ehrlich sagen, wie schlimm die Lage in Deutschland ist, dann werden wir auch Verständnis ernten für die notwendigen Maßnahmen."

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