Medizintechnik: Deutschland ist der größte Markt Europas

Branche erwartet weiteren Schub
für Innovationskraft
VDI nachrichten, Düsseldorf, 26.11. 04 -

Mit einem Wachstum des Marktes für Medizinprodukte von 4,2 % steht die Branche in Deutschland im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen überdurchschnittlich gut da. Vor allem ein gutes Exportergebnis hat für Freude bei der medizintechnischen Industrie gesorgt. Die Branche blickt optimistisch in die Zukunft.

Einen weiteren Schub für die Innovationskraft der Medizintechnologiebranche" erwartet der Bundesverband Medizintechnologie BVMed, von der Medizinmesse Medica, die am Dienstag in Düsseldorf begonnen hat.

"Wir brauchen Innovationen, denn sie sind der Motor der Gesundheitswirtschaft", postulierte BVMed-Geschäftsführer Joachim M. Schmitt.

Der BVMed präsentierte zur Medica neue Zahlen und Fakten zur Marktsituation der Branche. Demnach betrug der Weltmarkt für Medizintechnologien im Jahr 2003 rund 184 Mrd.E. Medizintechnologien sind damit ein wichtiger ökonomischer Faktor. Der europäische Markt ist mit 55 Mrd.E nach den USA mit 79 Mrd.E der zweitgrößte Markt der Welt. Deutschland ist mit 19 Mrd.E als Einzelmarkt nach den USA und Japan weltweit der drittgrößte Markt und mit Abstand der größte Markt Europas; rund doppelt so groß wie Frankreich und rund drei Mal so groß wie Italien und Großbritannien.

Das durchschnittliche Wachstum des Weltmarktes für Medizinprodukte betrug 2003 nach Expertenschätzung rund 6 %. Das entspricht auch ungefähr dem Marktwachstum in Japan und den USA.

Das Wachstum des Marktes für Medizinprodukte fällt in Deutschland mit rund 4,2 % sowohl im weltweiten als auch im europäischen Bereich etwas geringer aus. Im Vergleich zu den Entwicklungen in anderen Wirtschaftszweigen in Deutschland stehen die Hersteller von Medizinprodukten und -technik freilich überdurchschnittlich gut da.

Im ersten Halbjahr 2004 hat insbesondere ein starkes Exportergebnis für Freude bei der medizintechnischen Industrie gesorgt, wie Sven Behrens, Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes Spectaris betonte: "Gegenüber dem Vorjahreszeitraum stiegen die Auslandsumsätze um klare 10,7 %, während die Gesundheitsreform im Inland für Stagnation und ein kleines Minus von 0, 1 % gesorgt hat."

International betrachtet wachsen derzeit die Märkte in China, Brasilien sowie Osteuropa am stärksten. Vor allem China wird auch künftig für die deutschen Hersteller sehr interessant sein. So soll sich dort nach Angaben der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG der Gesamtumsatz für medizinische Geräte von rund 9 Mrd. Dollar 2003 auf 17 Mrd. Dollar im Jahre 2008 fast verdoppeln.

2003 stieg die Zahl der Importe in China bereits um mehr als 90 % auf 2,2 Mrd. Dollar. Den größten Anteil daran hatten Unternehmen aus Deutschland, Japan und den USA. Der Marktanteil chinesischer Hersteller beträgt knapp 50 %. Zwar sind 9000 dieser Firmen bei der staatlichen Arzneimittelkontrollbehörde registriert, doch 98 % davon verzeichnen einen Jahresumsatz von unter 20 Mio. Dollar, so eine KPMG-Marktanalyse, deren Ergebnisse anlässlich der Medica vorgestellt wurden.

KPMG-Vorstand Prof. Dr. Peter Wesner: "Große multinationale Unternehmen haben das obere Marktsegment bereits komplett übernommen und beliefern die größten Krankenhäuser in China mit den neuesten medizintechnischen Produkten.

Am anderen Ende des Marktes dominieren die einheimischen Anbieter mit einem begrenzten Sortiment und geringerer Qualität, allerdings auch mit viel niedrigeren Preisen. Das umfangreiche Mittelfeld wird bald hart umkämpft sein."

In der Regel benötigt der Markt Midtech-Produkte in besserer Qualität als sie von den lokalen

Herstellern angeboten werden, allerdings zu erschwinglichen Preisen.

Die entsprechenden Produkte sind in China in der Regel zwei bis drei Generationen hinter dem zurück, was in anderen, höher entwickelten Ländern als Stand der Technik gilt. Peter Wesner: "Es existiert also ein großer Markt, der nur darauf wartet, von Herstellern aus Übersee mit vorhandener Technologie bedient zu werden."

Der Export könnte also auch zukünftig ein gutes Geschäft für die deutschen Medizintechnikfirmen sein. Die nach Brancheneinschätzung "momentan schwierige Inlandssituation" mit einem Umsatzwachstum der 200 BVMed-Mitgliedsunternehmen von nur 1,3 % im ersten Halblahr 2004 hänge mit der Kopplung der Kasseneinnahmen an die Lohnentwicklung zusammen. "Diese größte Schwäche unseres Gesundheitssystems muss durch die anstehende Gesundheitsreform beseitigt werden. Wir dürfen nicht mehr länger auf die GKV-Finanzen fixiert sein, sondern müssen den Blick für die dynamischen Chancen der Gesundheitswirtschaft öffnen", erhofft sich der BVMed stärkeres Wachstum durch einen Umbau des Gesundheitssystems.

Insgesamt schaue die Branche zuversichtlich in die Zukunft, ließ der Branchenverband verlauten. Medizintechnologien bleiben ein Wachstumsmarkt, glaubt der BVMed. Begründet wird diese Annahme mit der demographischen Entwicklung, dem rasanten medizinisch-technischen Fortschritt, dem gestiegenen Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung und der damit verbundenen Bereitschaft, auch künftig mehr in die eigene Gesundheit zu investieren. Eine repräsentative Befragung bei den BVMed-Mitgliedsunternehmen Anfang September 2004 ergab ein zurückhaltendes, dennoch leicht optimistisches Bild. Für das Gesamtjahr 2004 erwarten die Unternehmen einen Umsatzzuwachs von durchschnittlich 3,4%. Rund 40 % erwarten sowohl von der Gewinnsituation als auch von der Beschäftigtenzahl eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr. 30 % sehen keine wesentliche Veränderung.Der Medizinbranche insgesamt wird trotz des Preiswettbewerbes im Bereich der medizinischen Hilfsmittel als Folge der Gesundheitsreform eine vitale Verfassung attestiert.

"Die Gesundheitswirtschaft ist Arbeitgeber Nr. 1 in Deutschland", unterstrich Werner M. Dornscheidt, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Düsseldorf, im Rahmen einer Pressekonferenz zur Medica die Bedeutung der Branche. "4,2 Mio. Menschen sind hierzulande im Dienste der Gesundheit tätig", so Dornscheidt, der die Branche als klaren "Job-Motor" sieht
.JOCHEN KLEIN

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