Bayerwald-Echo, 2./3.Juli 2005

Erster Schritt zu Neuwahlen: Schröder schafft Niederlage

Parlament entzieht Regierungschef das Vertrauen: Nun entscheidet
Präsident Köhler

BERLIN (ap/dpa). Das Parlament hat Bundeskanzler Gerhard Schröder das Vertrauen entzogen und damit die erste Hürde auf dem Weg zur Neuwahl beiseite geräumt.

Die große Mehrheit der Bundestagsabgeordneten folgte am Freitag dem ausdrücklichen Wunsch Schröders, die laufende Legislaturperiode um ein Jahr zu verkürzen. Der Kanzler begründete seine Strategie mit mangelnder Handlungsfähigkeit seiner Regierung und dem Konflikt in der SPD um die Reformagenda 2010.

Ob es wirklich zur Neuwahl kommt, entscheidet Bundespräsident Horst Köhler. Bei der Abstimmung über die Vertrauensfrage votierten überraschend viele, und zwar 151 Abgeordnete, für einen Verbleib Schröders im Amt, 296 dagegen, 148 enthielten sich. Die Regensburger SPD-Abgeordnete Erika Simm stimmte mit ja, der bayerische SPD-Chef Ludwig Stiegler enthielt sich. Die rot-grüne Koalition verfügt über 304 Stimmen. Union und FDP plädierten geschlossen für die Neuwahl.

Unmittelbar nach dem Votum bat Schröder den Bundespräsidenten in einer persönlichen Unterredung, das Parlament vorzeitig aufzulösen. Das Staatsoberhaupt hat für sein Urteil 21 Tage Zeit. Laut Bundespräsidialamt behält er sich vor, die Frist voll auszuschöpfen. Falls Köhler einwilligt, womit Schröder rechnet, wird die Wahl sehr wahrscheinlich am 18. September stattfinden.

Außenminister Joschka Fischer (Grüne) unterstützte Schröders Strategie, machte aber klar, dass die Neuwahl eigentlichnicht nötig sei, da Rot-Grün erfolgreich sei. CDU/CSU-Kanzlerkandidatin Angela Merkel zollte Schröder "persönlichen Respekt" für seinen Vorschlag, bescheinigte ihm aber auch Scheitern auf ganzer Linie.

Nach einer dimap-Umfrage vom Freitag ist Schröder in Deutschland wieder populärer als seine Herausforderin Angela Merkel. Gäbe es eine Direktwahl des Bundeskanzlers, so erhielte Schröder derzeit 40 Prozent, Merkel 36 Prozent. Der Wert für die CDU-Vorsitzende fiel innerhalb von vier Wochen um zehn Prozentpunkte. Die Union befindet sich in einem leichten Abwärtstrend, hätte aber zusammen mit der FDP nach wie vor eine klare Mehrheit im Bundestag. Das Linksbündnis aus PDS und Wahlalternative WASG würden bundesweit derzeit 10 Prozent wählen.

Die Union verlor nach den Umfragen die vierte Woche in Folge jeweils einen Prozentpunkt und liegt nun bei 44 Prozent (Vorwoche: 45). Unveränderte Werte wurden für die SPD (27 Prozent) und die FDP (7 Prozent) ermittelt. Die Grünen gaben einen Punkt ab und erreichen 8 Prozent. Nach den Resultaten der Umfrage könnte eine Koalition aus Union und FDP 51 Prozent auf sich vereinigen, was eine deutliche Mehrheit im Parlament bedeutete.

Im Fall eines Regierungswechsels wünschen sich lediglich 15 Prozent der Bundesbürger einen Wechsel von Ministerpräsident Edmund Stoiber als Minister nach Berlin.

 

 

Linksbündnis fordert

Zusammenarbeit

Berlin. (dpa) Nach der verlorenen Vertrauensabstimmung von Bundeskanzler Gerhard Schröder forciert das geplante Linksbündnis aus PDS und WASG seine Zusammenarbeit. WASG-Spitzenkandidat Oskar Lafontaine besucht an diesem Montag erstmals die Berliner PDS-Zentrale, um gemeinsam mit PDS-Chef Lothar Bisky über Positionen im Bundestagswahlkampf zu informieren.

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