Straubinger, 8.Dez 2004
Die Union nimmt Kurs auf das Wahljahr 2006

CDU-Parteitag beendet - CSU-Chef Stoiber wirbt für Gemeinsinn und Vaterlandsliebe
Wachstumsprogramm für Wahlkampf beschlossen - Harte Kritik von SPD und Grünen

Düsseldorf. (AP/dpa) Mit demonstrativer Eintracht nimmt die Union Kurs auf die Rückeroberung der Macht 2006. Zum Abschluss des CDU-Parteitags in Düsseldorf riefen Parteichefin Angela Merkel und der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber am Dienstag mit Blick auf die Bundestagswahl und auf die Landtagswahlen im kommenden Jahr zur Geschlossenheit im Kampf gegen Rot-Grün auf. Beide warben für einschneidende Reformen im Interesse Deutschlands.

Mit einem umfassenden Konzept für mehr Wachstum und Beschäftigung legten die Christdemokraten die programmatische Grundlage für den erhofften Wahlerfolg in zwei Jahren. Nach dem nun von beiden Schwesterparteien gebilligten Gesundheitskompromiss, der die Arbeitskosten bremsen soll, werden darin unter anderem tief greifende Einschränkungen beim Kündigungsschutz angestrebt. Die Frage der Kanzlerkandidatur schwelte im Hintergrund weiter, ein Vorstoß für eine Mitgliederbefragung kam nicht durch.

Ein weiterer Schwerpunkt des zweitägigen Treffens der rund 1000 Delegierten war die aktuelle Diskussion über Patriotismus, Nationalbewusstsein und die Integration von Ausländern moslemischen Glaubens. Sowohl Merkel als auch Stoiber verbanden die Verteidigung der Grundwerte, Bürgersinn und die Liebe zum eigenen Land mit notwendigen Veränderungen als "zwei Seiten einer Medaille", wie die CDU-Vorsitzende formulierte.

In seinem mit freundlichem Beifall bedachten Grußwort forderte Stoiber mehr Gemeinsinn und Vaterlandsliebe als Triebfeder für Reformen. "Unser Land braucht wieder mehr inneren Zusammenhalt, damit wir gemeinsam aus der Krise herauskommen", rief er. Der Bundesregierung bescheinigte der bayerische Ministerpräsident ebenso wie Merkel und CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer eine "verheerende" Bilanz: Deutschland sei in sechs Jahren "ärmer und kälter geworden".

Merkel hatte bei der Wiederwahl am Montag ihr bislang schlechtestes Ergebnis hinnehmen müssen. Dennoch äußerte sie sich in Interviews "sehr zufrieden" angesichts der zurückliegenden schwierigen Monate. Personalentscheidungen würden später getroffen, bekräftigte sie. CSU-Generalsekretär Söder hielt ebenfalls an dem verabredeten Zeitplan für die Kanzlerkandidatur fest.

Stoiber ging in seiner Rede nicht auf den heiklen Punkt ein. "Wir wollen Deutschland regieren, wir sind handlungsfähig, wir sind regierungsbereit", rief er den Delegierten zu. Es gelte, Deutschland wieder voran zu bringen. Dabei spielten über das Materielle hinaus auch Fragen nach Werten und Zusammenhalt eine Rolle. "CDU und CSU bekennen sich zu klaren Werten und zur Liebe zu unserem Land", so der CSU-Chef. Stärkerer Gemeinsinn sei notwendig, um die Veränderungen durchzusetzen. Dem Bundeskanzler und der SPD warf er vor, als "geübte Opportunisten" auf das Thema Patriotismus aufzuspringen. Den Grünen hielt Stoiber vor, auf "das Niemandsland Multikulti" zuzusteuern.

"Die Liebe zum eigenen Land, unser Patriotismus richtet sich nicht gegen ausländische Mitbürger", versicherte der CSU-Chef. Von Zuwanderern verlangte er ein klares Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und den Willen zur Integration. Für Terror, für Hassprediger und für Unterdrückung von Frauen sei hier kein Platz. "Wer das nicht akzeptieren kann, hat sich mit Deutschland das falsche Land ausgesucht", rief er unter starkem Beifall. Der Parteitag sprach sich dafür aus, Zuwanderer nötigenfalls auch mit Druck zur Eingliederung in die deutsche Gesellschaft zu bewegen.

SPD und Grüne haben die CDU nach ihrem Bundesparteitag scharf kritisiert und ihre Beschlüsse als Zeichen für Konzeptionslosigkeit und soziale Kälte gewertet. SPD-Chef Franz Müntefering sagte am Dienstag, die Partei sei orientierungslos und habe sich "von der sozialen Marktwirtschaft ein ganzes Stück 'wegbewegt". Grünen-Politikerin Thea Dückert erklärte, die CDU-Vorsitzende Angela Merkel läute die" soziale Eiszeit" ein. FDP-Chef Guido Westerwelle warnte die CDU vor einer Nationalismusdebatte. Gleichzeitig stärkte Westerwelle Merkel nach ihrem enttäuschenden Wiederwahlergebnis den Rücken. "Fast 90 Prozent nach dem Vorlauf der letzten beiden Monate sind ein klarer Vertrauensbeweis."

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