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POLITISCHE LESERBRIEFE Landshuter/Straubinger, Samstag, 20. Dezember 2003

Menschenwürde immer stärker in Gefahr

Ohne dass die Öffentlichkeit davon besondere Notiz genommen hätte, hat die Bioethikkommission der Bayerischen Staatsregierung ihr Gutachten zur Präimplantationsdiagnostik vorgelegt. In diesem Gutachten tritt das von Ministerpräsident Stoiber berufene Expertengremium mehrheitlich für die Zulassung der Embryonenselektion (PID) unter Vorgabe eines medizinischen Indikationenkatalogs ein. Das heißt im Klartext: Auf Probe erzeugte Embryonen können einem Gentest unterzogen werden und bei Vorliegen bestimmter Erbkrankheiten aussortiert und abgetötet werden. Derzeit schient die Kommission an einem Katalog von Erbkrankheiten zu arbeiten, bei deren genetischer Anlage das Aussortieren und Töten der Embryonen möglich sein soll. Sollte dies tatsächlich so kommen, wäre das für lebende Menschen mit einer derartigen Erkrankung eine unglaubliche Diskriminierung: Der Staat würde festlegen, dass ihre genetischen Anlagen eigentlich eine Tötung gerechtfertigt hätten.

In eben diese bayerische Bioethikkommission wurde zudem kürzlich die Ärztin Dr. Maria E. Fick aus Landshut berufen. Sie hält PID in einem Interview mit Landshuter Zeitung/Straubinger Tagblatt (Ausgabe vom 6. Dezember) für "sehr interessant". Frau Dr. Fick tritt in diesem Interview gleich noch dafür ein, die wegen eines ungünstigen Genbefundes aussortierten Embryos für die Erforschung der Krankheit freizugeben, derentwegen dem Embryo das Lebensrecht verweigert wurde. Frau Dr. Fick plädiert damit offen für die Aufweichung des bislang noch gültigen deutschen Embryonenschutzgesetzes, das die Erzeugung von höchstens drei Embryonen im Labor nur unter der Bedingung erlaubt, dass alle in den Mutterleib zurückgegeben werden! Die Erzeugung eines Embryos "auf Probe" (nichts anderes ist PID) oder zum Zwecke der Forschung stellt dieses Gesetz unter Strafe!

Diese Entwicklung in Bayern reiht sich ein, in eine rasche Abfolge bioethischer Bedenklichkeiten auf Bundes-, Europa- und UN-Ebene:

- Nach dem Willen von Justizministerin Zypris sollen im Labor erzeugte menschliche Embryonen keine Menschenwürde beanspruchen können.

- Die Bundesregierung hat auf UN-Ebene in der Frage eines totalen Verbots des Klonens vorwiegend taktisch operiert und trägt mit daran Schuld, dass ein klarer Beschluss nicht zustande kam.

- Das EU-Parlament forderte kürzlich die Freigabe von Geldern für die verbrauchende Embryonenforschung.

- Das gleiche Ziel verfolgt die EU-Kommission; da sich der Ministerrat nicht einigen kann, wird sich gemäß den Spielregeln der EU wohl letztendlich der extrem liberale Forschungskommissar durchsetzen und verfügen, dass die ethisch bedenkliche und in Deutschland verbotene verbrauchende Embryonenforschung eben doch aus der Europakasse bezahlt wird...

- Der führende Kommentar zum Grundgesetz, der legendäre " Maunz-Dürig", wurde in seinen Aussagen zum Grundgesetzartikel 1, Absatz 1, völlig neu gefasst - mit einer schlimmen Tendenz. Der Autor Matthias Herdegen, ein äußerst renommierter Staatsrechtler von der Uni Bonn, hat mit seiner Neukommentierung den Kern des obersten Grundrechts ausgehöhlt und gibt das bislang jeder Einschränkung und Abwägung entzogene Prinzip "Die Menschenwürde ist unantastbar! " der situationsbedingten Relativierung preis.

Unter ausdrücklicher Erwähnung der verbrauchenden Embryonenforschung - also der Verwertung von Menschen im frühesten Stadium ihrer Entwicklung für Forschung und Medizin - wird in diesem wichtigen Text ausgeführt, dass die Menschenwürde keine absolute Größe sein kann, sondern je nach Lage der Dinge mit anderen Interessen abgewogen werden müsse.

Vor allem dieser letzte Punkt ist in seiner Bedeutung kaum zu überschätzen. Das ist genau genommen eine Art von Staatsstreich. Die Republik ist nicht mehr die gleiche und kaum jemand redet darüber. Der Grundgesetzkommentar "Maunz-Dürig" ist nämlich nicht irgendein juristisches Fachbuch wie jedes andere. Es handelt sich dabei um den verbindlichen Kommentar, zu dem alle Juristen greifen, wenn es darum geht, sich Klarheit in einer grundgesetzlichen Frage zu verschaffen. Vor allem die jetzt heranwachsende Juristengeneration wird diese Interpretation von Grundgesetz Artikel 1, Absatz 1 übernehmen - "es steht ja so im Maunz-Dürig!" Für Juristen ist nämlich der lesbare Text eines Gesetzes nur Rohmaterial; erst der Kommentar schafft Klarheit!

Man muss deshalb leider feststellen: Der Text des Grundgesetzes hat sich nicht geändert; nach wie vor stehen da die Worte: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." De facto ist aber durch die Änderung des Kommentars das eingetreten was der hoch zu achtende ehemalige Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geschrieben hat: "Die Würde des Menschen ist unantastbar!"

Bernhard G. Suttner, Vorsitzender der ödp Bayern, Dorfplatz 9, 94336 Windberg

Unsere Wertevorstellungen akzeptieren

Zum Artikel "Nein zu Gottesbezug in der EU-Verfassung" in der Ausgabe vom 12. Dezember:

Der Bundestag hat mit rot-grüner Mehrheit einen Antrag der Union für einen deutlicheren Gottesbezug in der EU-Verfassung abgelehnt. Im Entwurf des EU-Konvents wird lediglich auf die "kulturellen, religiösen und humanistischen Überlieferungen Europas" verwiesen. Außenminister Joschka Fischer räumte vor der Abstimmung ein, dass die Bundesregierung sich in der Frage des Gottesbezugs mit der Union grundsätzlich einig sei. Allerdings sei es nicht möglich, "mit bestimmten Mitgliedern" der EU zu einem Konsens zu kommen.

Wenn, wie Fischer einräumt, die Bundesregierung mit der Union einig sei über die Frage des Gottesbezuges, wieso stimmt sie dann gegen den Antrag der Union? Wieso braucht die deutsche Seite erst einen Konsens mit "bestimmten Mitgliedern" der EU in dieser Frage? Sind hier von Seiten der Grünen schon die Möglichkeiten eines Kalifenstaates für 'bestimmte "zukünftige" Mitglieder der EU im Bundestag mitabgestimmt worden?

Wir haben in Europa die Bibel mit den zehn Geboten, den Gottesbezug als gemeinsamen kulturellen Bezug, als Grundlage unserer Wertegemeinschaft, d.h. christliche Werte, welches "die" Menschenrechte auf das einfachste vermitteln: die gleichen Werte des christlichen Abendlandes. Wieso muß darüber dann eigentlich noch abgestimmt werden, wenn nicht zugunsten einer multikulturellen Gesellschaft, die den Grünen - und hier vor allem Herrn Fischer - vorschweben. Der Großteil der Türkei zum Beispiel gehört nicht in unseren gemeinsamen Kulturkreis, auch wenn wir mit der Türkei befreundet sind und diese Freundschaft auch weiter ausbauen und pflegen sollten: Der Islam, so wie er gepredigt wird, hat nichts mit der Erhaltung unserer Menschenrechte zu tun. Jeder, der in unserem Europa leben will, hat sich an unseren Wertevorstellungen zu orientieren, diese zu akzeptieren und sich zu integrieren/anzupassen, anderenfalls hat er nichts in unserem Kulturkreis verloren: Er ist schlichtweg gegen die Menschenrechte. Dr. Reinhold Kiehl, Saliterweg 1, 93437Furth im Wald, www.rki-i.com

Die Kehrseite der Medaille

Zum Artikel "Schwarzarbeit wird von den Deutschen toleriert" in der Ausgabe vom 6. Dezember.

Ich bezweifle, dass man bei einer repräsentativen Umfrage von nur 1003 Personen wirklich behaupten kann, dass die Deutschen Schwarzarbeit tolerieren.

Natürlich findet es jeder Arbeitnehmer toll, wenn er für seine Arbeit die Bezahlung bar auf die Hand bekommt - ohne irgendwelche Steuern an den Staat dafür entrichten zu müssen. Und auch für Arbeitgeber wäre es die attraktivste Art der Bezahlung - braucht man doch auf diese Weise keinerlei Sozialabgaben abzuführen. Dass man dabei den Staat hintergeht, kümmert keinen. Schließlich muss man sich als" armer" Steuerzahler sowieso schon tief genug von Vater Staat in die Tasche greifen lassen.

Die Kehrseite der Medaille sieht aber ganz anders aus: Schwarzarbeit ist kein Kavaliersdelikt. Langfristig gesehen profitiert niemand davon. Nicht der Arbeitgeber, der Schwarzarbeit begünstigt. Und auch nicht der Arbeitnehmer, der durch Schwarzarbeit -vermeintlich -mehr verdient. Über kurz oder lang holt sich Vater Staat durch Steuererhöhungen die entgangenen Steuereinnahmen von seinen Staatsbürgern zurück. Was wiederum manchen Zeitgenossen dazu bewegt, sich durch Schwarzarbeit etwas dazuzuverdienen. So entsteht ein ewiger Kreislauf, der nur schwer durchbrochen werden kann.

Man muss sich auch vor Augen führen, dass es nicht nur Deutsche sind, die der Schwarzarbeit nachgehen. Vor allem in privaten Haushalten, im Gaststättengewerbe und in der Baubranche sind es (teilweise illegale) ausländische Arbeitskräfte ohne gültige Arbeitserlaubnis, die weit unter dem Mindesttariflohn für ihre Arbeit "schwarz" bezahlt werden. Wenn all diese Stellen mit "normalen" Arbeitnehmern besetzt würden, dann hätten wir in der Bundesrepublik auf einen Schlag Tausende von Arbeitslosen weniger.

Schwarzarbeit hat auch noch ein anderes - sehr hässliches - Gesicht. Dann nämlich, wenn Menschen dadurch zum Sozialfall werden. Und das ist schnell geschehen. Leider gehen in der, heutigen Zeit sehr viele Ehen in die Brüche. Meist ist es dann der Mann, der für Frau und Kind(er) Unterhalt bezahlen muss. Schlimm genug, wenn jemand dieser gesetzlichen Verpflichtung freiwillig nicht nachkommt und deswegen eine Lohnpfändung durchgeführt werden muss. Noch schlimmer aber, wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer es ermöglicht, sich durch Schwarzarbeit seiner Unterhaltspflicht zu entziehen. Einer Frau, die wegen der Betreuung von Kleinkindern nicht in die Arbeit gehen kann, bleibt dann nur mehr der Weg zum Sozialamt. Jeder Arbeitgeber, der Überstunden oder Samstagsarbeit an einen unterhaltspflichtigen Arbeitnehmer "schwarz" ausbezahlt, sollte einmal ernsthaft darüber nachdenken, was er mit diesem vermeintlichen "Gefallen" in Wirklichkeit anrichtet. Solche Arbeitgeber und unterhaltspflichtigen Arbeitnehmer sollten für Schwarzarbeit sehr hart bestraft werden.

Ingeborg Schmidt-Krapi, Weinbergring 10a, 84085 Langquaid

Europa einen Bärendienst erwiesen

Es sollte zu denken geben, dass ausgerechnet zwei der willfährigsten Unterstützer der US-Intervention im Irak, jetzt die Einführung einer funktionsfähigen EU-Verfassung torpediert haben. Bisher haben die USA stets darauf zählen können, dass die Engländer den Fortschritt der europäischen Integration hintertreiben. Diesmal haben Spanien und Polen Europa einen Bärendienst erwiesen. Ludwig Kriegl, Pfauenweg 3, 94428 Eichendorf