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Chamer Zeitung, 18.Aug.03

ZWEIERLEI MASS

VON HERBERT WEGENER

Wenn das nur gut geht! Selten zuvor haben verfassungsrechtliche Bedenken schwerer gewogen als bei den Rotstiftplänen, die nun nicht mehr bestritten werden. Denn was die Sparkommissare ausgebrütet haben, läuft auf extreme Ungleichbehandlung hinaus. Das gilt sowohl für die Entfernungspauschale als auch für den Umgang mit den - gleichermaßen staatlich finanzierten - Altersversorgungssystemen. Beispielsweise ist bislang nur die Rede davon, was den Empfangsberechtigten der gesetzlichen Rentenversicherung alles zugemutet werdensoll, damit das System nichtkollabiert. Schließlich stammtein erheblicher Teil der

ausgezahlten Renten aus der steuer- und kreditfinanzierten Staatskasse. Aus der werden aber auch die Beamtenpensionen, und zwar vollständig, bezahlt. Da werden Eichel und Co. erklären müssen, ob sie bei der Beamtenversorgung mit der gleichen Elle messen wollen, die sie an die Renten legen. Ohne Gleichbehandlung droht die Gefahr, dass die Verfassungsrichter kassieren, was da in Berlin ausgebrütet wurde. Es wäre nicht das erste Mal, dass Karlsruhe den Gesetzgeber wegen verfassungsrechtlicher Schludrigkeit zur Ordnung ruft. Das könnte auch der Fall sein, wenn's bei der gleichen Ungleichbehandlung bleiben sollte, mit der der "Aufwand zum Erzielen von Erwerbseinkünften" steuerlich behandelt werden soll. Schon die ökologische Lenkungsfunktion der Ökosteuer ist nicht nachgewiesen. Deshalb dürfte auch das Argument bei der geplanten unterschiedlichen Anerkennung der Entfernungspauschale von Selbst- und Bus- und Bahnfahrern einer juristischen Überprüfung in Karlsruhe nicht bestehen - ganz davon abgesehen, dass in weiten Teilen der Republik der öffentliche Personennahverkehr wegen Ebbe in den kommunalen und Landes-Subventionskassen dermaßen ausgedünnt ist, dass ein beschäftigungs- und familienpolitisch gleichermaßen befriedigendes Angebot nicht existiert.